Weihnachtsshopping – ein Sozialexperiment
Es ist Krieg. Denn in den Köpfen der Menschen scheint eine vakuumsgleiche Windstille zu herrschen.
Wie jedes Jahr um diese Zeit treibt die Menschheint eine der hausgemachtesten Problemstellungen ihrer Geschichte um die sich in 21 Wörtern (in diesem Falle richtig da damit die kleinste Satzeinheit gemeint ist) zusammenfassen lässt: Was in aller Welt schenke ich nur meinen Freunden, Arbeitskollegen, Eltern, meiner Familie und dem ganzen restlichen, materialistischen Teil meiner Bekanntschaften? Als unglücklicher Teil dieser Menschheit sah ich mich gezwungen, meinen Hort der sozialen Ruhe, ich möchte fast sagen der Eremitage, zu verlassen um Schlachten um Straßenbahnplätze und Konsumgüter mit glühweinbefüllten Intelligenzglühwürmchen und anderen Gesellschaftsmitgliedern zu schlagen. Aber eins nach dem anderen.
Meine Liste beschränkte sich auf 4 Dinge, die in höchstens 4 verschiedenen Einkaufsaustragungsorten zu erhalten sind. Ich gebe zu, spät am Samstagabend in der Schildergasse aufzukreuzen war auch nicht meine persönliche Bestleistung an diesem Tage, doch der Mensch ist leider nunmal ein sensationsgeiler Instinktgetriebener der das Grauenvolle liebt. Ähnlich fasziniert wie bei einem Verkehrsunfall, bei dem man nicht wegschauen kann, habe ich mich in die hirnlose Masse gestürzt.
Das erste, was einem mit brettharter Brutalität vor die Stirn geführt wird, ist die scheinbare Fähigkeit anderer Individuen, die Existenz und das Zeitempfinden (geschweige denn die Zeitnot) wiederum anderer Individuen mit erschreckendem Nachdruck ablehnen zu können. Dort geht eine Gruppe in phalanxähnlich komplett ausgestreckter Front auf dem Bürgersteig entlang und walzt alles mit was sich ihr in den Weg stellt. Die Möglichkeit zwischen den Teilnehmern dieses Todeskommandos hindurchzuschlüpfen wird von den Frauen desselben zerschlagen, indem diese ihre mit Tüten bis zur körperlichen (an die geistige wage ich nicht zu denken) Überlastung beladenen Männern an strategisch wichtigen Punkten der Angriffslinie positioniert haben. Diese armen Gestalten müssen dann blind vor Esprit- und Galeria Kaufhof-Tüten, -taschen und -boxen über völlig vereiste Gehwege stolpern. Galeria Kaufhof.
Dieser Laden war zugegebenermaßen einer meiner großen Hoffnungs-, wie sich später jedoch herausstellte nur ein unterdurchschnittlicher Leistungsträger. Das Potenzial bestand, dass ich alle meine Besorgungen in diesem Geschäft tätigen konnte. Was kam war eine endlose Anneinanderreihung von Hitze, Rolltreppenerstbenutzern und Angestellten die in einer Heilanstalt für Mentalentgleiste vermutlich für ihre Dummheit ausgelacht worden wären.
Zunächst scheint das Erdgeschoss, wie das andere schon vor mir bemerkten, aber das persönliche Erlebnis ist um vieles Schlimmer, ausschließlich aus Miniaturperfümständen mit krossgetoasteten und christbaumähnlichgeschmückten Verkäuferinnen und Verkäufern zu bestehen. Das metaphorische Brett schnellt, nachdem es seine Spuren schon auf des Erzählers Stirn hinterließ, auf das Riechorgan. Glücklicherweise hatte ich noch Kopfhörer aufgesetzt, aus denen entspannende Musik erklang; sonst hätte ich vermutlich noch Wham aus den Lautsprechern gehört. Diese fataltraumatische Mischung aus Gestank in der Nase und Gülle in den Ohren hatte sich mir einmal zuvor im Berliner KaDeWe aufgedrängt – noch heute wache ich schweißgebadet auf wenn ich davon träume. Doch zurück zur Katastrophe der Gegenwart:
Da war ich also auf der Suche nach einem Buche von dem ich, in Weiser Vorbereitung, mich nur noch an den Titel erinnern konnte. Jedoch sollte das in einer modernen und vernetzten Welt, wie wir sie die unsere nennen können, ein leicht zu überwindendes Problem sein. Da zur Weihnachtszeit prinzipiell alle Verkäufer und -innen nicht im Dienst sein zu scheinen müssen hat es mich auch nur den Bruchteil eines Menschenlebens gekostet, eine zu finden. Ob da nicht der Leonardo Di Caprio mitgespielt hätte, fragt sie. Dass der in Büchern vorkäme sei mir neu, erwiderte ich, woraufhin sie verstand dass ich nach einem Buch suche. Leider ist der Buchtitel sehr allgemein und auf eine Datenbankabfrage meinte die nette Frau, sie könne mir so leider nicht helfen, da sie 150.000 Ergebnisse bekäme. Auch wenn ich es nur grob schätzen kann, aber selbst die Summe aller Buchseiten in diesem Geschäft kann diese Zahl nicht überschritten haben. Da sie leider auch kein Internetzugriff hätte könnte man auch leider weder das Cover (an welches ich mich auch noch dunkel erinnern konnte) noch den Autor nachschlagen. Ich solle doch mal hoch zu „den Jungs von den DVDs“ und schauen ob es nicht eine DVD nach dem Buch gäbe auf dem hinten eine Referenz zu dem Buch stünde. Freundlich nickend und innerlich gevierteilt verließ ich dann den Stand und fuhr tatsächlich hoch zu den digitalen Unterhaltungsmedien, jedoch nicht um dem Ratschlag der Verkäuferin zu folgen sondern vielmehr um nach dem zweiten Eintrag auf meiner Liste zu suchen.
Nun sind die DVDs in der vierten Etage und es führen Rolltreppen dort hin. Mittlerweile ist die Temperatur in meiner Jacke auf kurz über dem Siedepunkt gestiegen und ich will mich beeilen. Dass es kurz vor Ladenschluss war schien niemanden außer mir merklich in seinen Handlungen zu beschleunigen. Menschen stehen auf Rolltreppen auch zu zehnt nebeneinander wenn es geht, Hauptsache es kann niemand an einem vorbei der es etwas eiliger hat. Ich frage mich, wieviel Zeit man in seinem Leben wohl auf Rolltreppen verbringt und sich ärgert, dass die Idioten vor einem sich keinen Zentimeter bewegen.
Endlich oben, gibt es natürlich keinen Terminal mit Suchfunktion (Mediamarkt hat einen, der ist aber scheiße zu bedienen und sagt einem auch nur, ob die DVD prinzipiell erhältlich ist und nicht, ob sie auch im Laden ist) und ich suche mich natürlich tot in der monströsen Auswahl. Wahrscheinlich sind alle Verkäufer damit beschäftigt mein Buch unten zu finden. Natürlich hatte ich kein Glück und die Erkenntnis drängte sich mir auf dass ich, seitdem ich aktiv und willentlich Geschenke kaufen wollte, es sie nie auf Anhieb gab. Man findet nie das was man will, auch wenn es noch so trivial ist.
Nachdem mich dieser Gedanke von dem vorbestimmten Scheiterns meiner Suchaktion überzeugt hat, habe ich das Feld geräumt und bin wieder auf die offene Straße gelangt, auf der man wenigstens nur noch den durch andere verursachten Dummheitsschock erleidet, anstatt diesen in Kombination mit dem Hitzetod. Entmutigt, aggressiv und innerlich kauftot habe ich mich noch durch ein paar Geschäfte, natürlich erfolglos, gekämpft und bin schlussendlich zur Straßenbahn gelangt. Ungleich meiner Erwartung hatte ich diese nicht knapp verpasst, sondern sie fuhr in diesem Moment ein. Diesen Tag für doch noch nicht ganz gescheitert erklärend, mache ich mich auf um rechtzeitig eine der Türen der Bahn zu erreichen. Auf dem Weg dorthin, und es können nicht mehr als 20 Meter gewesen sein, befindet sich jedoch eine übergewichtige Gruppe übergewichtiger Mitarbeiter einer Versicherung, gekennzeichnet durch Firmenregenmäntel, sodass man sich einfacher im Namen der Firma auf dem anliegenden Weihnachtsmarkt von der Gedankenwüste ins Bewusstseinsnirvana trinken kann. Nun ist so ein Bahnsteig nicht gerade breit, im Gegensatz zu den Menschen dort, und wie bereits bemerkt, bemerkten mich diese nicht, geschweige denn meine Absicht, die Bahn zu erreichen. Zugegebenermaßen ein ungewöhnliches Verhalten meinerseits, zumal an einer Haltestelle.
Wundersamerweise gelingt es mir in die Bahn zu diffundieren, nur um dort von einem Propf Zombies aufgehalten zu werden. Man muss sich das vorstellen wie eine Schaf- oder Kuhherde, bis auf dass die Menschen hier keine Glocken aber leider auch imaginäre Scheuklappen tragen denn im Eingangsbereich, und damit dort, wo jeder lang muss, der ein- oder aussteigt, staute sich die Fleischmasse, wohingegen direkt links und rechts daneben in den Gängen eine Menschenleere (und damit meine ich nicht leere Menschen sondern einen Raum mit wenigen Menschen) herrschte, dass mich hier Physik, Chemie und Biologie mit den Gesetzen zum Konzentrationsausgleich arg enttäuscht haben.
Nachdem ich auch diesen Ort überwunden hatte und mich, der gravitatorischen Kraft desselben entfliehend, auf einen der Myriaden von freien Sitzplätzen niedergelassen hatte, setzte ein unheimlicher Strom tütentragender Menschen ein, die mich mit ebendiesen Polyethylentragebehältnissen im Vorbeigehen malträtierten. Da jedoch meine geistige Abstumpfung meine körperliche bereits um Meilen überflügelt hatte, änderte dies an meinem Gemütszustand auch nicht mehr viel.
Die Quintessenz ist leider dass zuviele Leute in dieser Gesellschaft auf geistiger Sparflamme laufen und zu oft Geistesblitze in der Größenordnung mentaler Knallerbsen haben. So möchte ich hier noch eine letzte Anekdote über ein menschliches Phänomen anbringen. Viele Geschäfte haben im Eingangsbereich mehrere Schwingtüren die aus zwei Türen bestehen. In diesen Zeiten des Jahres ist oft nur eine dieser Türen geöffnet, um nicht allzuviel Heizkosten zu fabrizieren. Menschen jedoch vermuten dahinter offenbar den Fakt, dass man nur durch diese eine Tür hineingelangt, was einerseits zu einer wahnsinnige Dränglerei (in England würde das nicht passieren, dort werden Schlangen gebildet, auch an Bushaltestellen an denen der Bus erst in vielen Minuten kommt, garantiert über 50 Meter, ich habe es gesehen), andererseits zu der bequemen Möglichkeit führt, an der verbohrten Masse vorbei durch die angrenzende Schwingtür hindurchzugehen.
Wenn Leute doch nur öfter ihr Hirn und die zweite Schwingtür benutzen würden …
Dem System seine Rettung
Also, so kann es ja jedenfalls nicht weitergehen … Als Nicht-Politiker in Diskussion mit einem Schonmal-einen-Politik-Kurs-belegt-Habenden hat sich folgender Handlungsbedarf für Regierungen in Deutschland herausgebildet.
Entweder die Parteien oder die 5%-Hürde abschaffen. Themen wählen. Das Problem in der aktuellen Politik-Landschaft ist doch, dass Parteien zusammen regieren, die unter Umständen nicht mal die gleichen, und geschweige denn die der Bürger, Interessen vertreten. Bei Wahlen sieht man sich genötigt, die Partei zu wählen, die das kleinste Übel darstellt. Wer ein einfacheres Steuersystem (siehe unten) will, der wählt gleich noch AKW-Laufzeitverlängerung mit. Wer mehr Gerechtigkeit und Reichtum für alle will, der wählt den sofortigen Abzug aus Afghanisten. Und wer klimafreundliche Politik will, der wählt die Gentechnik ab. Das lässt sich noch ewig so fortsetzen, was kann man also tun? Entweder man schafft die 5% Hürde ab, sodass zwangsweise alle Themen aller Parteien im Parlament vorhanden sind. Das hat natürlich den Nachteil, dass manche Themen aneinander gekoppelt sind, wie wir eben schon gesehen haben; und kleine Parteien haben nur kleines Mitspracherecht, da sie nicht stark vertreten sind. Also warum nicht die Parteien abschaffen? Bei Wahlen hat man dann nicht die Auswahl zwischen Parteien sondern zwischen Themen. Dann liegt dort ein Zettel mit Themen wie „Atomausstieg“, „Steuerreform“ und „Rente mit 67“, gebündelt in Kategorien wie „Umwelt“ oder „Soziales“. Dort stehen dann je 10 dieser Themen die mit Zahlen von 1 bis 10 gewichtet werden können. Und Zack Bum hat man nach der Auszählung eine priorisierte Themenliste die dann umgesetzt werden kann. Die Ämter bleiben bestehen, aber die Politiker sind parteilos und setzen einfach um was das Volk will. Damit würde auch das ganze Direktwahlzeugs wegfallen. Politiker sind dann einfach nur noch Beamte.
Mehr Gehalt und kürzere Amtszeiten für Politiker. Wenn das nicht umzusetzen ist, empfiehlt sich eine Gehaltserhöhung für Politiker um einen Anreiz für Quereinsteiger zu schaffen. Diese besitzen meistens das Know-how, wollen aber nicht auf ihr Gehalt verzichten oder verbeamtet werden. Wirtschaftsbosse haben eventuell mehr Ahnung als ein ausschließlich Studierter. Langjährige Ärzte sind eher mit dem Gesundheitssystem vertraut als einer, der grade mal 5 Jahre bei der Bundeswehr als Arzt gearbeiter hat. Kürzere Amtszeiten deshalb um zu verhindern dass sich Politiker auf ihrem Amt ausruhen und nur zu Wahlkampfperioden aktiv werden. Dadurch gibt es keine Alteingesessenen (und Verkalkten) mehr in den Ämtern. Mehr Wettbewerb!
Nur noch eine Steuer. Eben schon kurz angesprochen. Das deutsche Steuersystem ist einfach Mist. Niemand blickt durch, warum Reiche sich irgendwelche Beträge freistellen lassen können oder bestimmte Dinge eine andere Mehrwertsteuer haben. Warum nicht alle Steuern bis auf die Umsatzsteuer abschaffen und diese gleichzeitig erhöhen? Das wird zu gleichen Anteilen von allen bezahlt. Oder nur noch eine Lohnsteuer. Wer mehr verdient, gibt mehr ab. Das klingt doch ziemlich nach Sozialstaat, oder? Gleichzeitig könnte man Geld durch diese Entbürokratisierung einsparen.
Bildung muss Bundessache werden und komplett durch ihn finanziert werden. Bildung ist immer ein heikles Thema. Aber was doch alle wollen, bis auf die Länder weil sie dann gar nichts mehr zu sagen haben, ist doch, dass Bildungspolitik auf Bundesebene gehoben werden muss. Nur so kann man einheitliche Bildung garantieren, unabhängig von der Schule. Außerdem würde das die FInanzierung der Bildung durch den Bund enorm erleichtern. Dänemark macht’s vor: Bei vergleichbaren Einkommenssteuersätzen übernimmt der Staat dort komplett die Bildungskosten: Schule, Studium und 500 Euro im Monat zum Leben extra. Dort stellt sicht nicht die Frage, wer sich Bildung leisten kann. Dort kriegt einfach jeder Bildung der sie haben will. Klingt nach einem sinnvollen Konzept, oder?
Also wenn ich mal einen Staat aufziehe, dann probiere ich das mal aus … Kann doch alles nicht so schwer sein!
Steuersenkungen über Bord
Na, wer hätte das jemals gedacht, dass die Tigerente noch von den Steuersenkungen abrückt? War das nicht schon vor der Wahl im September klar? Merkel und Seehofer stemmen sich ja schon die ganze Zeit dagegen, nach der NRW-Schlappe, kann man ja aber damit rausrücken. Das findet auch die FDP:
„Die FDP äußerte sich zum Thema Steuersenkungen ähnlich: ‚Dass auch wir wissen, dass die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat sich verändert haben, ist doch offensichtlich‘, sagte Parteichef Westerwelle. Vizechefin Cornelia Pieper erklärte im Radiosender MDR Info, die Situation sei heute eine ganz andere als noch vor einigen Wochen. Das stellt den Haushalt vor ganz andere Anforderungen. Da muss man einige Ziele überdenken.'“
(Quelle: Spiegel.de)
Klar, Herr Westerwelle. Eingebildeter, angepisster und indirekter kann man gar nicht ausdrücken, dass Sie am Arsch sind. Und die Frau Kollegin Pieper scheint sich wohl heute das erste Mal mit dem Haushalt beschäftigt zu haben. Die Situation ist nicht erst seit einigen Wochen so scheiße, dass man keine Steuern aufnehmen kann. Dass geht schon seit einigen Jahren so. Ziele überdenken ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber etwas spät, die Einsicht, nicht wahr?
Herrgott und sowas regiert unser Land …
Hier wird schon nach Vertrauensfrage geschrien 😉 Aber das wäre politischer Selbstmord, dass muss man verstehen. Allerdings hat man sich mit der FDP auf Bundesebene ja im Prinzip auch die Pest ans Bein gebunden… Ob es viele Leute gibt, die jetzt enttäuscht sind, dass die Steuern nicht gesenkt werden?
Die Galileo-Pinata
Lange, lange ist es her … aber von Zeit zu Zeit widerfahren der Menscheit Ereignisse, die mich nachdenklich stimmen und mich veranlassen, einige meiner Gedanken der Welt mitzuteilen – auch wenn es über das furchtbare Medium Web 2.0 geschieht.
Jedenfalls ist das Traumatische wieder einmal (wie sollte es mir auch anders geschehen) über das Fernsehen in grauenhafte Nähe gerückt worden. Das Monstrum von dem ich spreche nennt sich „Galileo History“ (oder Hysterie? inhaltlich wären die beiden Sendungen, gäbe es sie denn beide, wohl kaum voneinander zu trennen). Da werden Erfindungen der letzten paar Jahre dargestellt – jedes zweite Wort lautet „bahnbrechend“ – und dem Zuschauer werden Sachen präsentiert wie Rasenmäher, Feuerzeuge (alles bahnbrechend), Waschmaschinen (die übrigens wie Naturphänomene behandelt werden – „verblüffend – es strömt Wasser in die Trommel – warum nur?“, ungefähr so, als wären sie keine menschgemachten Dinge) und Boxhandschuhe. Ja, genau. Boxhandschuhe. Zitat Galileo „Der Boxhandschuh, eine Erfindung, die tausenden das Leben gerettet hat.“ Klar. Dass Boxhandschuhe aber ohne die überaus schwachsinnige „Erfindung“ Boxen (wo sich zwei Erwachsene wie geisteskrank auf die Rübe hauen) gar nicht nötig wären, bleibt unerwähnt. Abgesehen davon, ist, meiner Meinung nach, die Erfindung der Boxhandschuhe alles andere als bahnbrechend. Sollen die Hirnies, okay sagen wir Hirnlosies, sich doch bis zum bitteren Ende die Schädel einschlagen. Natürliche Selektion nennt man sowas.
Aber gut, wenn es nicht um derart weltverändernde Erfindungen geht, beglückt uns das Unterschichtenbildungsfernsehen mit anderen schönen Sachen: Zum Beispiel der größte Döner, das größte Schnitzel, der größte Burger, die größte Pizza oder das längste Brot der Welt. Man, also auf jedenfall ist das der größte Schwachsinn der Welt. In Zeiten von globalem Wohlstand und keinen Hungersnöten ist das auch kein Problem, wenn das dann alles an das größte Schwein in der größten Schweinefarm im größten Deutschland verfüttert wird. Slogan „Nicht viel, sondern alles wissen.“ – aber so langsam sind wir schon mehrfach über immer denselben Scheiß aufgeklärt worden. Wie wär’s denn mal mit den Ursachen der Finanzkrise? Fortschritten der Hirnforschung oder Quantenphysik? Geschichte? Kunst? Kultur? Die Spesenabrechnung von Aiman Abdallah? Aber nein, immer wieder lernen wir, was man alles aus Schokolade herstellen kann, dass unrealistische Werbespots am Computer realisiert wurden und für einen Schwertransport von Flugzeug-, Schiffs-, oder Gebäudeteilen Autobahnen gesperrt werden müssen. Und dass bei Sprengungen und Flugzeug- und Schiffsauseinanderschweißungen mal was schiefgeht. Geistiger Amoklauf im Deutschen Fernsehen getarnt als Pseudo-Wissenschaftssendung für hirnamputierte (wahlweise auch selbst durchgeführt, weil Boxer) Bauer-sucht-Frau-Guckern.
Und es wird hinreichend demonstriert, was man alles mit High-Speed-Kameras filmen kann: Kaugummiexplosionen (kleine) und Wohnwagensprengungen (große Explosionen des Alltags [wörtliches Zitat]), obwohl jeder gesprengte Wohnwagen nach Brainiac nur ein Schatten der dort dargebotenen Explosionen ist (übrigens, Mythbusters und Brainiac bringen die Sachen wenigstens zu Ende, Galileo hört ja schon beim Korkenknallen auf). Das, scheinbar von ProSieben erfundene, Prinzip der Ewigkeit der Hinauskitzelung jedes möglichen Schwachsinns (zum Beispiel, wen die Jury von Popstars denn jetzt aus der Bäänd gewählt hat; oder die Kandidatenauswahl bei Schlaf mit Raab) findet auch bei Galileo hinreichende Anwendung: Es sollte ein Crash mit 60 km/h auf ein stehendes Auto gefilmt werden (natürlich mit High-Speed-Kameras), was auch schon vor der Sendung groß und breit propagiert wurde (unfassbares Ereignis, passiert ja nicht oft genug – dass der Airbag aufgeht, können wir uns auch ohne Demonstration sehr gut vorstellen). Als ich nach der Hälfte ob der unerträglichen Unerträglichkeit dieser Sendung flüchtete, hatte ich noch nicht ahnen können, dass nach meiner Rückkehr über 15 Minuten später immer noch kein Crash stattgefunden hat. Aber gleich (nach der nächsten Werbung, und immer dran denken: nach der Werbung ist vor der Werbung), würde es ausgestrahlt. Das teilt uns zumindest die freundliche N24-Waffendokumentations-Overvoice mit (sonst macht das immer Bruce Willis, wo ist der eigentlich, wenn man ihn mal braucht?).
Es findet sich mit sicherheit noch ungefähr unendlich viel Galileo-Bashing-Stoff in der großen weiten Volksverdummungsfernsehwelt (vor allem bei ProSieben und RTL), aber ich denke es reicht. Galileo ist wie eine riesige Pinata: Wenn man mit einem Baseballschläger (zumindest machen die das im Fernsehen immer so), wenn man also mit einem Baseballschläger lange und ausgiebig auf Galileo einschlägt, so lange, bis Blut fließt und Zähne ausbrechen, Gliedmaßen sich ablösen und mit einem ohrenbetäubenden Knall und widerlichem Flatsch der Körper platzt (ich fürchte, ich habe die Quelle meiner Aggressionen gefunden), jedenfalls wenn man das alles so macht, dann kommt dasselbe raus, wie bei einer Pinata: Viele bunte kleine Bonbons, leider viel zu unabwechslungsreich, eigentlich nicht lecker und auch nicht gesund.
Also dann, enden wir mit einem Zitat einer guten Wissenssendung: Bleiben Sie neugierig!
Dauerbrenner FDP
Ich grüße Euch zu einer neuen Veranstaltung von Wir-hassen-was-die-FDP-macht.
Also erstmal wollen die Hanseln alles zu möglichen Nicht-Steuersenkungen zurückhalten, damit sie in NRW im Mai wiedergewählt werden. Dass wird so öffentlich publiziert, dass das eigentlich schon das Ergebnis allein beeinflussen müsste. Wer im voraus signalisiert, wir sagen Euch erst, was wir machen, wenn ihr uns gewählt habt, der sollte nicht gewählt werden. Wenn sie sich denn wenigstens zu dem Murks bekennen würden, den sie vorhaben (oder auch nicht). Jedenfalls ist es unverantwortlich dem Bürger gegenüber, mit Steuerversprechen auf Wahlwerbung zu gehen und hinterher genau das Gegenteil zu machen (oder an der Union zu scheitern, hehe, wenigstens dazu sind die gut).
Das nächste ist diese ominöse Parteispende von ich glaube 1,1Mio. Euro aus der Hotelbranche. So ein Zufall aber auch, dass grade dafür die Umsatzsteuer gesenkt wurde. Ist das ein Danke? Oder die Bezahlung? Kann man die FDP kaufen? Herr Gabriel formulierte das sehr treffend: „Man kann die FDP mieten, und die Leasing-Rate ist auch bekannt.“ – großartig! Genau so ist es doch. Selbst wenn sich die FDP nicht hat kaufen lassen, so finde ich es eine Unart, dass die gesparten Steuergelder einfach an die FDP gespendet werden und nicht zur Sanierung oder Gehaltserhöhung genutzt werden. Das ist ja nur eine Belohnung für Klientelpolitik der übelsten Sorte.
Schlicht und ergreifend unfassbar.
Vermutlich (leider) to be continued …
Twitter sucks
Twitter ist für Leute, die unter der Langweiligkeit ihres Lebens leiden und andere permanent an diesem Leid teilhaben lassen wollen! Geteiltes Leid ist halbes Leid? Pah! Das potenziert sich durch solche Internetplattformen nur noch!
Man, was kann man für einen Mitteilungsdrang haben? Kann man so vernachlässigt / von anderen ausgeschlosen / missachtet sein, dass man ständig alles und jeden über alles und jedes informieren muss? Ist Twitter nicht eine Plattform für psychisch Kranke? Wer „folgt“ denn jemandem, der alle 5 Minuten über den Zustand seines Stuhls berichtet? Oder erzählt, dass der Käse schonwieder alle ist? Oder dass man trotz der nervigen Kinder den Umzug zu schaffen gedenkt? Interessiert das wirklich iiiiirgendjemanden?
Ich fürchte nicht. Also meinetwegen ist mein Bloggen hier auch nichts anderes, aber ich spreche wenigstens nicht über irgendwelche Banalitäten, mit denen ich mich wichtig tun muss, um Anerkennung im Leben zu erhalten. Ich bin mal so arrogant anzunehmen, dass ich hier schon irgendeinen Mehrwert leiste – und wenn sich Leute darüber amüsieren.
Ich habe das Gefühl, der größte Teil des studi-Buschfunks wird dazu geschrieben, um sich interessant zu machen und man angeschrieben wird. So eine Obersch***e! Mir geht das alles mächtig auf den Keks. Sowas sollte man abschalten. Was soll man in SMS-Länge auch Sinnvolles zur Bereicherung der Welt mit kulturellem Mehrwert beitragen können? Genau. 140 Zeichen Müll. Irgendwie muss ja die steigende Datenflut im Internet zu erklären sein – die Leute geben einfach mehr von sich preis, was niemand wissen möchte.
Okay, ich glaube ihr habt die Key-Message mitbekommen: Twitter & Co. sind der größte Mist, den das Internet bisher hervorgebracht hat – da tun sich ja menschliche Abgründe auf!
Innere Zerrissenheit
Der Artikel wird nicht halb so poetisch oder philosophisch, wie der Titel vermuten lässt – denn es geht um die innere Zerrissenheit der Tigerente! Genau, schwarz gegen gelb und gelb gegen den Rest der Welt. Also normalerweise mag ich den Herrn Seehofer ja nicht so sehr, aber wenn er denn in seiner netten bayrischen Art von dem „Schmarrn“ und dergleichen redet, den die FDP immer noch zu verzapfen versucht, bevor sie durch vorzeitige (und hoffentlich sehr vorzeitige) Neuwahlen wieder abgewählt wird. Finde ich ganz großartig. Jetzt muss nicht mal mehr ich hingehen und irgendwen angreifen, Merkel Profillosigkeit vorwerfen oder sowas in der Art – das macht die Regierung jetzt schon ganz fein selbst.
Wie sehr wollen die eigentlich noch das Vertrauen (nagut, zumindest die Legitimation durch Wahl) der Bevölkerung auf’s Spiel setzen? Das war ja nicht nur ein schlechter Start, es wird auch keine gute Legislaturperiode und ein miserables Ende. Getreu dem Motto: Erst schwach anfangen und dann stark nachlassen! Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Koalitionsparteien so arg zerstritten sind, dass sie nicht nur nicht mehr miteinander können, sondern schlichtweg nicht mehr wollen! Wenn die FDP nicht mal bald von ihren wahnwitzigen Plänen abrückt, dann kommt der Seehofer (und seit neuestem ja auch die heimliche SPDlerin von der Leyen), und dann gibt es demnächst beim Bäcker nicht nur Donauwelle sondern auch Westerwelle. Püriert.
Zu guter letzt muss ich mein Fluchen auf die Deutsche Wählerschaft zurücknehmen, oder zumindest entschärfen: Sie haben zwar eine Mistregierung an den Start gebracht, doch wollen Sie Steuern zahlen! Sogar mehr als die Hälfte der FDP-Wähler wollen Steuern zahlen – und je höher das Einkommen, desto höher die Bereitschaft dazu! Großartig! Gab’s im Deutschlandtrend der ARD zu sehen, neben einigen anderen lustigen Zahlen (67% der Deutschen mit Regierung unzufrieden – wie war das doch gleich mit dem Misstrauensvotum?).
Viel Spaß beim Lesen. Die Regierung liegt jetzt nicht nur auf dem Boden, sie ist sogar schon zwei Mal angezählt! Juhu, Revolution! Auf die Straßen!
Merkels Master-Plan
Es wird jetzt brenzlig im Merkel-Kabinett: Guttenberg muss sich einem immer größer werdenden Haufen an Vorwürfen und Kritik erwehren. So habe auch er alle Berichte vorliegen gehabt, als er den Einsatz am Kundz für „militärisch angemessen“ hielt. Geht die Informationspolitik des Verteidigungsministeriums und dessen Minister also weiter wie zuvor?
Mir scheint, er hat im Moment genau eine Angelegenheit zu verteidigen: sich selbst. Alle Interviews beinhalten Rechtfertigungen à la: „Zum damaligen Zeitpunkt habe ich„, „Ich bin mir keiner Schuld bewusst“ und „Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt“. Er hat’s aber auch schwer: Von der Königin Deutschlands in ein für sie vergleichsweise ungefährliches Ministeramt abgeschoben, muss er die Verantwortung für den Murks übernehmen, der unter dem aktuellen Ex-Arbeitsminister verzapft wurde. Damit nicht genug: Das Finanzministerium wird nun durch den gefolgstreuen, loyalen Nicht-Superstar Schäuble geführt, von welchem nun wirklich keine Gefahr für Merkel ausgeht.
Die Mauer um das Schloss der Königin Merkel im Merkel-Land (früheres Deutschland) wird stärker. Trotz des riesigen Dummfuges, den die neue Regierung seit ihres Bestehens veranstaltet hat, steigen ihre Umfragewerte stetig an. Ich vermute, der Großteil der Bevölkerung nimmt sie überhaupt nicht als Teil der Regierung wahr, anders ist ihre Popularität nicht zu erklären. Wenn sie denn einmal öffentlich auftritt, übt sie sich in Sprechblasen bis zum Rande gefüllt mit Leere und Phrasen. Man hat das Gefühl, sie ist nicht Führerin (entschuldigt diesen Ausdruck) der Regierung, sondern Mediator zwischen den beteiligten Parteien. Derartige Profillosigkeit wird nun auch noch mit sehr hoher Sympathie und Akzeptanz belohnt.
Auf Platz 2 der bestausehende Krieger im Anzug, Herr Guttenberg. Weit weg von Deutschland kann er nun weniger an der Merkel-Festung rütteln, weniger populär sein, weniger angenehme Aufgaben übernehmen. Früher nannte man so etwas Verbannung. Er wird wohl kaum mehr lange auf dem Platz 2 bleiben, vielmehr wird er vom Platz genommen. Ist es nur eine Frage der Zeit bis zu seinem Rücktritt? Er selbst bestreitet das; und in der Tat: Es wäre ein weiterer Rückschlag für die Regierung (und theoretisch auch für Merkel) innerhalb sehr kurzer Zeit, einen zweiten Rücktritt einstecken zu müssen. Irgendwann muss ja der Rückhalt der Bevölkerung schwinden. Der der Länder tut es ja bereits, es bleibt abzuwarten, ob sie mit Finanzpaketen so käuflich sind wie einst die Bürger mit Steuersenkungen, welche ja den derzeitigen Streit zwischen den Ländern und dem Bund erst ausgelöst haben. Einzelregelungen werden nicht unterstützt, Kindergartengehabe wie „also wenn andere Sonderregelungen erhalten, dann stimme ich mit ‚Nein'“ ist an der Tagesordnung.
Persönlich würde Merkel sich sicher freuen, wenn Guttenberg im Bombenhagel der Öffentlichkeit über den Kunduz-Fall untergeht. Objektiv betrachtet wäre es, abgesehen von der Kippel-Debatte zu den Steuersenkungen, sicher ein Schnitt in die Achillesferse.
Was ist nur los? Wo ist der Statuetten werfende, Nasenbein brechende und Zähne ausschlagende Demonstrant, der sich auf seine eigene Art bei der Regierung beschwert, wenn man ihn mal braucht? Müssen in Deutschland erst ähnliche Korruptionsfälle auftreten, bei denen die Verfassungswidrigkeit der selbstgemachten Immunität der Politker selbigen zum Verhängnis wird? Ich hoffe nicht … (Noch) kommt mir das alles nicht italienisch vor. Und auch nicht Berlusconisch, ich hoffe das bleibt so. Allerdings muss sich an dem Status Quo etwas ändern; „es muss ein Ruck durch das Land gehen“.